Integration/ Vergesellschaftung

Integration/ Vergesellschaftung

Ratten sind rudel- und revierbezogene Tiere, d. h. ihr Revier wird gegenüber rudelfremden Tieren verteidigt. Rudelmitglieder erkennen sich v. a. am Geruch und Nicht-Rudelmitglieder werden attackiert und vertrieben.

Setzt man nun einander fremde Ratten einfach so zusammen in einen Käfig (= Revier eines Rudels), dann werden die angestammten Ratten versuchen die Neuen zu vertreiben, ihre Revieransprüche geltend machen und zu zeigen, dass sie keinen Eindringling in ihr Rudel dulden. Da ein Käfig ein begrenzter Raum ist, aus dem die Ratten nicht heraus können, endet der Versuch des Vertreibens dann je nach Heftigkeit in Verletzungen und schlimmstenfalls mit dem Tod.

Im Allgemeinen erkennen sich Ratten nach einer Trennung von 7-10 Tagen nicht mehr als Rudelmitglieder an. Auch Geschwister sind da keine Ausnahme und müssen, wenn sie länger als 1 Woche getrennt waren, zueinander integriert werden als hätten sie sich noch nie zuvor gesehen.


Die Ausnahme sind Jungtiere, die weniger als 10 Wochen alt sind:

Rattenbabys entwickeln erst mit der Zeit ihr vollständiges Revierverhalten. Darum ist es - wenn alle an der Integration beteiligten Ratten unter 10 Wochen alt sind - möglich, diese nach einem kurzen, ca. 1-2 stündigen Treffen auf neutralem Boden direkt zusammen in einen gründlich gereinigten Käfig zu setzen.

Sobald mindestens eine der teilnehmden Ratten älter als 10 Wochen ist, gelten andere Regeln:

  • alle Teilnehmer müssen bei Beginn der Integration mind. 10 Wochen alt sein (d. h. wenn jemand jünger ist, muss noch solange gewartet werden)
  • es muss unbedingt eine ausführliche Integration durchführt werden, wie weiter unten im Text beschrieben

Ansonsten kann es zu Revierkämpfen kommen, die mit blutigen Verletzungen und im schlimmsten Fall tödlich enden können.


Für eine Integration gibt es kein Patentrezept - Integrationen sind so individuell wie es die einzelnen Ratten sind. Es gibt allerdings einige Grundregeln und Tipps, die man berücksichtigen sollte.

Zu Beginn muss der Standort des zweiten Käfigs/Integrationskäfigs gewählt werden.

Früher riet man dazu beide Käfige in einen Raum (nebeneinander) zu stellen.

Heutzutage hat man aber verstanden, dass es auch vorkommen kann, dass Aggressionen entstehen: Die Ratten riechen sich gegenseitig, können aber nicht zueinander gelangen und das könnte dazu führen, dass sich Aggressionen anstauen, die sich dann beim direkten Treffen entladen.

Da man vor der Integration nicht weiß, wie die eigenen oder die neuen Ratten auf den Geruch der anderen reagieren werden, ist man auf der sicheren Seite, wenn man die Käfige in getrennte Zimmer stellt oder zumindest im selben Raum einige Meter entfernt voneinander.

Immer wieder liest man vom Austausch von bepieselter Eintreu oder dem Tauschen von Einrichtungsgegenständen. Aber hierbei gilt dasselbe wie für das Nebeneinander stellen der Käfige: Da der Geruch der Fremden plötzlich im eigenen Käfig ist, kann auch das evtl. zu Aggressionen bei späteren Treffen führen.

Auch hier sollte man auf einen Austausch verzichten.


Ein neuer Käfig macht eine Integration genauso notwendig, wie wenn die Ratten in einem schon länger genutzten Käfig zusammenziehen!

Die Ratten schaffen bei der Integration eine neue Rudelstruktur und Rangordnung zwischen allen vorhandenen Ratten; es ist nicht die Eingliederung in einen Käfig.


Eine Integration besteht grundsätzlich aus 3 Schritten:

1. Schritt:

Tägliche Treffen auf neutralem Boden, wo noch keine der beteiligten Ratten vorher war. Häufig bewährt hat sich da die Badewanne oder ein Teil des Badezimmers, weil man dort gut neutral wischen kann; bitte eine Decke unterlegen gegen kalte Füße.

Diese Treffen täglich von anfangs wenigen Minuten steigern bis man sie mehrere Stunden (!) zusammen lassen kann und alles friedlich bleibt (das kann mind. 1 Woche, je nach Verhalten der Ratten, auch deutlich länger dauern).

Man beginnt dort auf neutralem Boden, den keiner als Revier beansprucht, aber der Bereich muss im Normalfall nicht täglich neu völlig neutral geputzt werdenk, sondern nimmt im Verlauf der Treffen den Geruch aller Beteiligten an (z. B. die Decke, die dort liegt).

2. Schritt:

Tägliche Treffen im normalen Auslaufbereich der bisherigen Ratten. Sollte der Bereich sehr groß sein, ist es empfehlenswert, erstmal einen Bereich von ca. 2-3 m² abzutrennen, damit sie sich nicht komplett verteilen und kaum Kontakt zustande kommt.

Auch hier erst eher kurze Treffen und so lange täglich steigern, bis sie sich mehrere Stunden (!) am Stück friedlich verstehen (auch das wird mind. 1 Woche dauern, evtl. auch länger).

3. Schritt:

Den Käfig sehr gründlich reinigen, evtl. Gegenstände umstellen und dann alle Ratten zusammen einziehen lassen; natürlich alle die folgenden Stunden und Tage sehr genau beobachten.


Für den Notfall ist es sinnvoll, wenn man bei den Treffen dicke Handschuhe, etwas zusammengerollt Zeitung oder eine Blumenspritze mit Leitungswasser dabeihat. Denn wenn es zu heftig werden sollte, müssen die Parteien sofort getrennt werden und im Eifer des Gefechts unterscheiden die Ratten nicht zwischen dem Gegner und einem menschlichen Finger.


Verhaltensweisen bei einer Integration:

Aufgestellte Haare (borsteln) und fauchen sind normale Drohgesten. Gegenseitiges Besteigen oder Drehen auf den Rücken sind Dominanz- und Unterwerfungsgesten, die die Festlegung der Rangordnung dienen.

Wichtig:

Es darf kein Blut fließen!

Bei einer Integration besteht ständige Anwesenheitspflicht! Die Ratten müssen die ganze Zeit über gut im Auge behalten werden, denn Ratten können schnell sein, vor allem mit ihren Zähnen.

Geduld und Zeit sind besonders wichtig! Immer die Ratten bestimmen den Verlauf und die Geschwindigkeit der Integration!

Sollte eine Integration nicht sauber abgeschlossen werden, kann es sogar nach Wochen später zu blutigen Kämpfen im Käfig kommen.

In einigen seltenen Fällen kann es vorkommen, dass es Ratten gibt, die nicht integrierbar sind.

Sollte eine einzelne Ratte wegen ihrer Aggressivität trotz mehrfacher, ausführlicher Versuche nicht zu einem Rudel integrieren lassen, muss man gut überlegen, was für die Ratte dann am besten ist. Bei Böcken bleibt als letzter Schritt noch die Kastration, die helfen kann, auch wenn so ein operativer Eingriff immer ein großes Risiko darstellt. Man muss, wie bei jeder OP, mit Risiken rechnen; im schlimmsten Fall mit dem Tod der Ratte.


Veraltete, nicht rattengerechte und absolut nicht geeignete Vorgehensweisen bei Integrationen:

  • Käfige nebeneinander stellen
  • Käfige zwischen den Integrationsparteien tauschen
  • Nistmaterial oder Gegenstände zwischen den Integrationsparteien tauschen
  • die Integration in einem Käfig statt finden lassen (auch wenn der Käfig neutral ist, ist das falsch und gefährlich)
  • die sogenannte "Transportboxmethode", auch als "Engraummethode" bekannt
  • Ratten einfach ohne vorheriges Kennenlernen in einen Käfig setzen (egal ob der Käfig neu ist oder schon vorher in Verwendung war)